[Rezension] Der Walfisch - Eduardo Mendoza - misshappyreading

10 April 2015

[Rezension] Der Walfisch - Eduardo Mendoza


bibliographische Angaben

Erscheinungsdatum: Februar 2015
Verlag: Nagel und Kimche (inkl. Leseprobe)
Preis: € 16,90 [D]
ISBN: 978-3-312-00646-5
Seiten: 128 Seiten
Sprache: Deutsch






Als der Bischof Fulgencio Putucàs 1952 aus Lateinamerika nach Spanien kommt, um in Barcelona an einem eucharistischen Kongress teilzunehmen, wird er von einer Gastfamilie respektvoll aufgenommen. Doch in seinem Heimatland findet ein Militärputsch statt, und Putucàs kann nicht mehr nach Hause – in Barcelona gestrandet, macht er eine kuriose Wandlung durch. Er hilft im Haushalt der Familie und ist bald nicht mehr der ehrwürdige Mann der Kirche, sondern einfach Fulgencio. Dann aber geht er immer öfter auf Sauftour und ist eines Tages verschwunden. Erst Jahre später taucht er wieder auf, und erneut hat er sich komplett verändert. Ein vergnüglicher Roman über die Bilder, die wir uns voneinander machen, und die Überraschungen eines Lebens.... (Klappentext)

Bischof Fulgencio wird bei Tante Chonchita einquartiert und damit beginnt das Rad sich zu drehen. Der Ich-Erzähler, ein Junge, berichtet was sich zuträgt als der Bischof in der Familie "eintritt". Der Bischof selbst bleibt zu Beginn unscheinbar.

Schwungvoll und in poetischen Worten erzählt der Ich-Erzähler einen großen Teil seines Lebens. Der Bischof spielt darin eine größere Rolle als es zunächst den Anschein hat. Mit der Erzählung des Jungen tauchen wir ein in eine alteingesessene Familie Barcelonas, zusammen gehalten durch einen eigenwilligen Charakter und bestehend aus interessanten und liebevoll ausgearbeiteten Protagonisten. Eine wundervolle Geschichte über Familie und Akzeptanz.

Nicht nur Bischof Putucàs ist ein besonderer Charakter, er verleiht der Erzählung so viel Farbe aber auch Schlichtheit. Die Familienmitglieder sind alle ungewöhnlich auf ihre eigene Art, wie es in so vielen Familien eben ist. Es ist wundervoll von Onkel Victor zu lesen, über Tante Chonchita zu lachen oder mit Vater zu leiden.
Intelligent und charmant werden im Zusammenhang mit Mendozas Schreibstil oft erwähnt - und so ist es auch. Ein Spiel zwischen poetischer Beschwingtheit und einfacher Geradlinigkeit - schön zu lesen und leicht zu mögen.
Eine ganze Weile habe ich mich gefragt wann der Walfisch ins Spiel kommen würde. Als er dann "in Erscheinung" tritt war es der perfekte Moment um die Geschichte ausklingen zu lassen. Die letzten Seiten habe ich nur so verschlungen und mit einer ungeahnten Wehmut lies mich das Buch zurück.
Ein schönes Cover das in mir ein wenig das Fernweh weckte, nach der warmen Luft, dem gelblichen Licht und dem abendlichen Treiben Barcelonas. Nicht zu dezent, passend für das Buch.

"Und daran stieß er sich nicht: Endlich wurde er so behandelt, wie er es verdiente, endlich durfte er sich als einer von uns fühlen, wie ein verschrobenen, aber liebenswerter Verwander, der gern mitlachte." S. 62

"... wenn ich sie lächeln sah, traten mir Glückstränen in die Augen, wenn sie mit einem anderen sprach, zerfraß mich die Eifersucht, wenn sie wegging, empfand ich unerträglichen körperlichen Schmerz." S. 73

"Niemand kann sich seine Gestalt aussuchen." S. 97

Das Buch gehört zu ebenfalls zu den anspruchsvollen Romanen des Jahres 2015 - zurecht. Ein außergewöhnliches Buch das mir noch einige Zeit in den Gedanken herum schwirren wird. Ein bewundernswerter Schreibstil und eine geistreiche Erzählung.


Welches Buch ist euch noch in Gedanken geblieben aus der letzten Zeit?




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